Ich muss euch gar nicht fragen, ob ihr das kennt. Das Jahr neigt sich dem Ende zu, die Weihnachtszeit beginnt, die guten Vorsätze aus Januar sind weitgehend vergessen. Was von ihnen übrig ist, wird kurzfristig zur Seite geschoben. Wir schlemmen, wir naschen, wir ziehen ein Treffen mit Freund:innen dem Sport vor. All das kulminiert in der Silvesternacht. Und dann machen wir uns Gedanken darüber, wie wir gesund ins neue Jahr starten. Ich erzähle euch heute von meiner alljährlichen Tradition: dem Heilfasten zu Beginn des Jahres. Meines Erachtens eine nachhaltige Art mit den jährlichen Neujahrsvorsätzen umzugehen. Es reinigt den Körper und schärft die Sinne für einen interessanten Blick auf sich selbst und die Umwelt.
Fasten, was bedeutet das eigentlich?
Zur Abwechslung habe ich keine Suchmaschine im Internet bemüht, sondern in Band 5 meines 20-bändigen dtv Lexikons nachgeschlagen. Dort lese ich, dass Fasten die Enthaltung oder Einschränkung von Nahrung und nährenden Getränken ist. Weiter steht dort, dass es sich um einen alten, vorwiegend religiösen Brauch handelt. Fasten gilt von jeher als Reinigungsmittel von bestimmten Handlungen, als Opfer oder Sühne und Mittel der Askese. In noch älteren, nichtreligiösen Zeiten kommt es als Zeichen der Selbstverleugnung, der Trauer oder als Mittel zur geistigen Sammlung daher.
Reinigungsmittel, ja schon. Geistige Sammlung auch. Ansonsten finde ich mich mit meiner Motivation zum Heilfasten in diesen Erklärungen nicht wieder. Für mich ist das Heilfasten eine Form des nicht religiös motivierten Fastens, das der Entschlackung und Regeneration meines Körpers aber vor allem auch meines Geistes dienen soll. Ich kann euch jetzt schon sagen, dass das Heilfasten bei mir jedes Mal seinen Zweck zu 100% erfüllt.
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Warum ausgerechnet Heilfasten?
Das ist eine sehr gute Frage. Ich habe meine Beweggründe ja bereits angedeutet. Allerdings stand zu Beginn eine andere Motivation. Ich mache das jetzt seit ca. 10 Jahren. Beim ersten Mal war es eine Mischung aus großer Neugier und der Liebe zu Herausforderungen. Wie wird es sich anfühlen, und werde ich das schaffen? Diese Fragen trieben mich an. Außerdem war ich genervt von meiner eigenen Unfähigkeit Neujahrvorsätze in die Tat umzusetzen. Und das nicht nur für den ersten Monat des Jahres. Der Heilfasten Vorsatz erschien mir also als attraktiv und schnell erledigt. Immer wieder faszinierend, wie aus diesen eher einfachen Überlegungen etwas für mich sehr Wichtiges entstanden ist.
Ich nehme mir seitdem nichts weiter für das neue Jahr vor. Das Heilfasten hat nämlich noch ein paar andauernde Nebeneffekte im Gepäck und bin glücklich und fein damit. Das Heilfasten erlaubt mir mich nach dem Auftauchen aus einer Zeit des fröhlichen Feierns und verdienten Übermaßes wieder in eine mehr oder weniger geordnete Bahn zu gelangen. Es erlaubt mir einen Fokus auf das Wesentliche und katapultiert mich energetisch ins neue Jahr. Dabei ist es erstaunlich, wie lange und nachhaltig der bewusste Umgang mit dieser Zeit anhält. Me-time par excellence.
Heilfasten mit oder ohne ärztliche Begleitung?
Als ich mich damals für ein 7-tägiges Heilfasten entschieden hatte, führte mich mein erster Weg zur Ärztin meines Vertrauens. Das müsst ihr auf jeden Fall auch machen. Denn dort erfahrt ihr, ob eine ärztliche Aufsicht notwendig ist oder nicht. Es geht euch gut und ihr habt keine entgegenstehenden Leiden, dann sollte es kein Problem sein. Besprecht auch die Dauer, da auch sie ausschlaggebend sein kann für eine ärztliche Begleitung.
Ich bekam also das „go“ und machte mich an die Recherche nach der für mich passenden Form des Heilfastens. Bei Wikipedia findet ihr meines Erachtens eine ganz gute Übersicht über die verschiedenen Möglichkeiten. Ich entschied mich für das Wasser- und Teefasten und vertiefte mich in weitergehende Berichte und Literatur. An diesem Punkt werdet ihr bemerken, dass weniger manches Mal mehr ist. Ich hatte recht schnell genug von Erfahrungsberichten, die vornehmlich die möglicherweise auftretenden Probleme behandelten. Konnte ich davon ausgehen, dass die Autor:innen ihr Vorhaben mit einer Ärztin oder einem Arzt besprochen haben? Nein. Konnte ich wissen, ob sie alles beachtet und richtig vorbereitet haben? Auch nicht.
Mein liebster Leitfaden für mein Heilfasten
Als ich mich sodann auf die Suche nach einer positiven Heilfasten-Anleitung machte, die grundsätzlich davon ausgeht, dass es eine gute Zeit werden würde, stieß ich auf das Das kleine Buch vom Fasten – Mein persönliches Fastentagebuch. Ihm folge ich seitdem. Es gibt sicherlich viele Anleitungen, die euch ein positives Bild vom Heilfasten zeichnen und Lust darauf machen. Ich habe mit Rüdiger Dahlkes Buch meinen persönlichen Treffen gelandet. Dahlke ist seit 1979 Arzt und Psychotherapeut, absolvierte eine Zusatzausbildung zum Arzt der Naturheilweisen und bildete sich während des Studiums in Homöopathie weiter. Ich finde, das sind gute Voraussetzungen, um hier Ratschläge zu erteilen. Hier möchte ich ihn auch gleich zitieren:
„Mit Ihrem Fastenentschluss haben Sie eine wunderbare Wahl getroffen und die Idee, dazu ein Tagebuch zu führen, bringt zwei sehr hilfreiche, sich ausgezeichnet ergänzende Konzepte zusammen. So werden Sie erleben, wie das Ganze deutlich mehr ist als die Summe der Teile.“
Rüdiger Dahlke in Das kleine Buch vom Fasten
Herzlichen Glückwunsch, ihr habt euch zum Heilfasten entschieden! Was nun?
Vorbereitung ist das Wichtigste! Da das Heilfasten als Herausforderung ausreichend ist, sucht euch eine Zeit aus, in der nicht viel los ist. Wenige Einladungen, keine Partys, einfach wenig, worauf man zusätzlich verzichten muss. Rechtzeitig mit den Suchtstoffen aufhören, also ca. 3 Tage vor Beginn der Fastenzeit. Kaffee, Tees (schwarz, weiß, grün), Alkohol, Zucker, Nikotin – falls ihr raucht – und was ihr sonst noch an Suchstoffen regelmäßig konsumiert. Lasst Fleisch und Fisch weg, dann Milchprodukte und Brot. Am Tag vor dem Beginn des Fastens einen Rohkosttag. Oder ein Tag, an dem ihr einfach nur gekochten Reis esst. Und dann noch etwas Elementares, das dafür sorgt, dass ihr während der Heilfastenzeit kein Hungergefühl verspürt: den Darm in den Urlaub schicken!
Den Darm auf Urlaub schicken!
Was heißt das? Der Darm darf ganz einfach nichts zu tun haben. Dafür muss er leer sein, Am besten ganz leer. Abführen und Einläufe. Keine:r spricht gerne darüber. Gleichzeitig ist es unverzichtbar für das Wohlgefühl wären der Fastenzeit. Wie ihr das macht, das bleibt euch überlassen. Aber macht es auf jeden Fall. Gründlich! Dann kann es losgehen.
Persönliche Erfahrungen & Empfehlungen
Was ich euch versprechen kann, ist, dass ihr euch auf eine spannende Reise einlasst. Ihr solltet sie unbedingt in einem Fastentagebuch festhalten. Es wird Hochs und Tiefs geben. Die nachträgliche Lektüre über die Jahre ist super interessant. Ich mache jedes Mal neue und gewohnte Erfahrungen. Jedes Jahr bin ich aufs Neue fasziniert, dass während der Heilfastenzeit das Hungergefühl aussetzt. Ich persönlich verbringe täglich sehr viel Zeit mit Überlegung zum bevorstehenden Essen, dem Einkauf, der Zubereitung und der Nachbereitung. Das und auch das Einsparen der Energie für die Darmtätigkeit beschert mir einen erheblichen Überschuss an Zeit und Energie. Ich kann dann förmlich beobachten, wie sich dieser Überschuss seinen neuen Weg sucht. Der Kopf arbeitet zielstrebiger, die Konzentration erhöht sich, die Lust zum Sport wächst. Gleichzeitig stellt sich durch eine erstaunliche Klarheit über das, was ich tatsächlich machen möchte ein wohliges, relaxtes Gefühl ein.
Der Alltag jagt mich nun nicht mehr. Klar, wenn ihr am Anfang noch einige Kilometer laufen geht oder viele Bahnen schwimmen, wird das im Laufe des Fastens etwas nachlassen. Ihr nehmt ja keine Energie auf. Folgt einfach eurem Gefühl und trinkt! Dahlke schreibt, dass die Menge von 2 Litern Wasser nötig ist, um die Niere zu entlasten bei ihrer Arbeit, die Gewebe von Schlacken zu befreien. Wenn ihr schwitzt, entsprechend mehr trinken. Daran kann man sich getrost halten. Mein Tipp, der natürlich nicht nur in der Fastenzeit befolgt werden sollte: beschäftigt und umgebt euch mit Positivem und Interessantem. Menschen, Filme, Musik, Literatur, Orte. Ihr werdet merken, dass ihr alles intensiver wahrnehmen werdet. Da ich in dieser Zeit auch viel entscheidungsfreudiger bin, treffe ich dann tatsächliche häufig wichtige und aufgeschobene Entscheidungen.
Loslassen!
Vorhin sprach ich von den schönen Nebeneffekten. Loslassen ist einer davon. Das Heilfasten bereitet den idealen Boden seine Gewohnheiten zu analysieren und einige davon über Bord zu werfen, zu ändern oder anzupassen. Ihr erlebt z.B. eine Zeit in der ihr praktisch keinen Müll produziert. Warum nicht einfach diese Angewohnheit kultivieren und den Fokus auf die zukünftige Vermeidung gerichtet halten? Ihr werdet Meister:innen im Ausmisten sein. Das geht einher mit der Entscheidungsfreudigkeit. Trennt euch bewusst von den Dingen, verschenkt sich, gebt sie weg. Nur in Ausnahmen einfach entsorgen. Nach der Schärfung des Bewusstseins für das, was man wirklich braucht, werdet ihr merken, dass sich euer Konsumverhalten vielleicht ändert.
Heilfasten ist keine Diät
Das Heilfasten ist keine Diät. Natürlich verliert der Körper trotzdem an Gewicht. Er lässt aber nur los, was er nicht braucht. Warum lasst ihr diese Erfahrung nicht in eure zukünftige Ernährungsweise einfließen. Ausreichend und mit großem Genuss essen. Vielleicht weniger Fleisch und wenn, dann nur das Beste für euch und die Tiere. Das gleiche gilt aber auch für Milchprodukte, Eier und nicht zuletzt das Gemüse und Obst. Und dann sind da die Gedanken. Bekanntlich denken wir mehr negative Gedanken als positive. Versucht einmal die negativen einfach wegzuschieben. Man kann das in einer Fastenzeit ganz gut üben, damit es danach auch klappt. Yoga, Meditation oder einfach nur bewusstes Atmen helfen dabei immer super.
Und danach?
Dann kommt plötzlich der letzte Abend vor dem Fastenbrechen. Dieser Begriff klingt im Grunde viel zu brutal für das, was dann kommt. Am Vorabend des Fastenbrechens signalisiere ich also dem Darm, dass es ab Morgen wieder losgeht. Meist mit etwas püriertem Gemüse. Und dann kommt der erste Morgen nach dem Fasten mit dem Verzehr des berühmten Stücks Apfel. Versprochen wird euch eine Geschmacksexplosion, ein einmaliges Erlebnis dieser Frucht, dass ihr mit allen Sinnen genießt. Also freue ich mich jedes Jahr riesig auf diesen Genussmoment. Und: er bleibt regelmäßig aus. Zumindest bei mir.
An diesem Tag und während der folgenden Tage und Wochen geht es weiterhin darum sehr stark auf sich zu hören, nach innen rein hören. Die ersten Tage solltet ihr auf jeden Fall sehr auf ganz schonende, vegane Ernährung achten und den dazu verfügbaren Empfehlungen folgen. Meine Erfahrung ist, dass mir mein Körper ganz genau sagt, was er dann haben möchte. Mein Geist auch. Gemüse und Obst wird als erstes verlangt, dann irgendwann vielleicht ein Ei oder Joghurt. Zucker? Alkohol? Fleisch? Zunächst gar nicht. Kaffee wollen beide, Körper und Geist. Und bald habt ihr dann auch wieder Lust auf unsere Quiche der Saison.
Natürlich sind wir alle Gewohnheitstiere. Diese Gewohnheiten werden durch die paar Tage des Heilfastens natürlich nicht alle über den Haufen geworfen. Allerdings mache ich jedes Jahr die Erfahren, dass etwas bleibt. Dieses Jahr achte ich im Anschluss zum Beispiel extrem auf den Müll, den ich produziere und vermeide ihn tunlichst. Andere Routinen bleiben schon seit Jahren. Viel Wasser trinken, möglichst tägliches Yoga, zu Hause ausschließlich frisch kochen, just to name a few. Ich für meinen Teil möchte diese für mich persönlich sehr nachhaltige Tradition auf keinen Fall missen.
Solltet ihr euch auch einmal zum Heilfasten entscheiden, lasst und gerne wissen, wie es gelaufen ist. Wir freuen uns darauf und sind gespannt.