Ich habe mich verliebt. Etwas unerwartet und auf den zweiten Blick. Und zwar in ein Kleid. Aber nicht irgendein Kleid: Sondern in ein wunderschönes Second Hand Brautkleid, das bei Wandelgewand schon auf mich gewartet hat. Heute will ich euch mitnehmen zu meiner Brautkleidanprobe mit Madeleine in ihrem wunderschönen Laden in der Schlankreye, wo sie die schönsten gebrauchten Brautkleider verkauft. Neben meinen ganz persönlichen Eindrücken gibt es außerdem Tipps, wie ihr euer Second Hand Brautkleid kauft oder verkauft.

Wie nachhaltig sind Brautkleider eigentlich?

Ganz am Anfang unserer Hochzeitsplanung haben der Bald-Mann und ich darüber geredet, was uns bei unserer Hochzeit besonders wichtig ist. Schnell war uns klar: Wir wollen ein Experiment wagen und versuchen, so grün wie möglich zu heiraten. Wie schwierig wird es, Nachhaltigkeit in allen Aspekten zu berücksichtigen? Und das ganze mit einem begrenzten Budget? Und worauf können wir guten Gewissens verzichten?

Auf jeden Fall nicht aufs Kleid. Ich bin in dieser Beziehung nämlich hoffnungslos kitschig. Aber wie nachhaltig können Brautkleider sein, die per Definition nur einmal getragen werden? Gibt es das nachhaltige Brautkleid überhaupt? Etwa 80% aller „westlichen“ Brautkleider (im Mangel eines besseren Begriffs; ihr wisst schon, ein Traum in Weiß) werden in China hergestellt. Im besten Fall bedeutet das nur lange Transportwege, im schlimmsten Fall menschenunwürdige Arbeitsbedingungen und haufenweise Müll.

Aber wie finde ich das heraus? Ich habe mir aus Neugierde die Webseiten einiger beliebter Marken angeschaut und nur bei der Pronovias Gruppe etwas über Nachhaltigkeit gefunden. Bei allen anderen, auch den namhaften Designern, bleibt unklar, wo die Kleider hergestellt werden.

Die Alternative sind kleinere Brautmodelabels, die in Deutschland und Europa produzieren wie noni oder elementar. Die liegen preislich höher als Low-Budget-Marken, aber sind jetzt auch nicht teurer als die großen namenhaften Designer. Die meisten deutschen Bräute geben zwischen 500€ und 2000€ für’s Kleid aus. In dieser Preisklasse wird man auch bei nachhaltigen Labels fündig.

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Mein Brautkleid, ein Einwegartikel?

Trotzdem nagt an mir, dass mein Brautkleid ein sehr teurer Einwegartikel sein soll. Nur einmal getragen bekommt es meiner Meinung nach nicht die Wertschätzung, das ihm zusteht. Denn in so einem Brautkleid steckt unheimlich viel Arbeit. Vom Design über die Produktion der Stoffe bis hin zur Bestickung mit Perlen von Hand kommen etliche Arbeitsstunden zusammen.

Wie also kann ich dafür sorgen, dass mein Kleid mehr als einen glanzvollen Auftritt bekommt? Ich habe einige Zeit mit dem Gedanken gespielt, einen Zweiteiler zu tragen. Bei einigen Marken gibt es schöne Kombinationen, die ich auch nach der Hochzeit einzeln weitertragen könnte. Das finde ich eine tolle Idee für die standesamtliche Trauung.

Für unsere „richtige“ Hochzeit möchte ich ein Kleid. Schließlich will die kleine Prinzessin in mir hier auch ein Wörtchen mitreden. Kurz nachdem wir uns verlobt hatten, hat in meiner Heimat ein Geschäft für Second Hand Brautkleider aufgemacht. Ich fand das Konzept sofort super. Denn so bekomme ich die Brautkleidkauferfahrung, auf die ich nach unzähligen Folgen von Say yes to the dress nicht verzichten möchte. Und mein Kleid seinen zweiten großen Auftritt.

Bei Wandelgewand im Second-Hand-Brautkleid-Himmel

Für mich stand also fest: Ich möchte ein Second Hand Brautkleid. Und weil mich der Instagram-Algorithmus so gut kennt, spielt er mir prompt die Post von Wandelgewand vor. Die liebe Madeleine hat im November 2020 ihre kleine Boutique mit Second Hand Brautkleidern in Hamburg-Harvestehude eröffnet und ich bin verliebt in ihren Feed. Da will ich hin.

Wir sind ein bisschen früh dran. Wir stehen vor Madeleines kleiner Boutique in der Schlankreye und werfen schon mal einen zaghaften Blick ins Schaufenster. Im Hintergrund strahlt mir ein schlichtes Kleid mit Spaghettiträgern entgegen. „So was möchte ich. Das muss ich anprobieren!“

Madeleines Laden - Wie ich mich bei Wandelgewand in ein Second Hand Brautkleid verliebte - Greenschnack

Ich fühle mich bei Wadelgewand direkt willkommen

Schild mit Willkommensnachricht an mich: "Liebe Alea, schön dass du hier bist & herzlich Willkommen @ Wandelgewand

Madeleine hat uns mittlerweile gesehen und lässt uns in den Laden. Sie begrüßt uns herzlich. Ich mag sie sofort. Und ihr kleiner Laden ist der Himmel auf Erden für Second Hand Brautkleider. Madeleine beweist nicht nur bei der Kleiderwahl, sondern auch bei der Inneneinrichtung Geschmack. Trotzdem des Hamburger Schietwetters ist es im Laden behaglich und warm.

Im vorderen Teil des Ladens hängen alle Brautkleider nach Größe sortiert an beiden Wänden. Die Kleider in meiner Größe hängen an der linken Seite. „Ich würde vorschlagen, du schaust dir die Kleider auf dieser Seite einzeln an und sagst mir, ob sie dir gefallen. Wenn da am Ende nichts bei sein sollte, können wir uns auch die größeren Größen noch ansehen. Kleiner machen geht immer. Aber eigentlich denke ich, dass du hier was finden wirst.“ Zu viert schauen wir uns jedes Wandelgewand an. Einige gefallen mir auf Anhieb, einige scheiden direkt aus.

Liebe auf den ersten Blick?

Am Ende haben wir circa zehn Kleider, die ich anprobieren möchte, inklusive das auf der Puppe. Jetzt gehen wir alle zusammen in den hinteren Raum des Ladens. Dort hat Madeleine liebevoll ein Anprobezimmer eingerichtet – mit doppeltem Spiegel, Hocker und Vorhang, der das Zimmer in zwei Bereiche teilt. Mama und Freundin nehmen auf der Couch Platz, während Madeleine hinter mir die Vorhänge zuzieht.

Der Anrpoberaum bei Wandelgewand

Das Anprobezimmer

Eine Minute später stecke ich schon im ersten Wandelgewand. Es ist das Kleid von der Puppe. Madeleine zieht den Vorhang auf und ich sehe mich zum ersten Mal in meinem Leben in einem Hochzeitskleid. Ich bin ziemlich baff. Ich liebe das Kleid. Genauso hatte ich mir das vorgestellt. „Okay, wir sind fertig. Das nehme ich“

Meine Entourage protestiert lautstark. Mama ist sichtlich irritiert, dass der Spaß schon zu Ende sein soll: „Das ist das erste Kleid. Da hängen noch 9 Kleider. Wir gehen hier nicht raus, bist du alle an hattest. Wir haben ja gar keinen Vergleich.“ Freundin ergänzt: „Ich finde es ein bisschen langweilig. Ich möchte dich in was anderem als Spaghettiträger sehen.“

Zwischen Tüll und Verwirrung

Also raus aus dem Kleid, auch wenn ich skeptisch bin, noch was besseres zu finden. Rein ins nächste, Vorhang auf, Blick in den Spiegel: Auch das Kleid steht mir ausgezeichnet. Ich finde es fast schöner als den Vorgänger. Auch die Mädels auf der Bank sind nicht abgeneigt, wobei sie sich einig sind, dass ich darin einen Entenpopo habe. Danke für das ehrliche Feedback.

Vorhang wieder zu, Kleid Nummer 3 an und direkt wieder aus. Gleiches Spiel bei Kleid Nummer 4. Ohne in den Spiegel zu schauen, weiß ich, dass es das nicht ist. Das nächste Kleid ist ein Volltreffer. Es erfüllt eigentlich alle Kriterien auf meiner inneren Liste. Auch Madeleine, Mama und Freundin sind begeistert. Kleid Nummer 5 ist das Kleid, dass es jetzt zu übertreffen gilt.

Während der Stapel mit noch zu probierenden Kleidern immer kleiner wird, wächst bei mir die Verwirrung. Jedes Kleid hat etwas das mir gefällt, aber an jedem Kleid habe ich auch etwas auszusetzen. Zu nackt, zu viel Stoff, zu schlicht, nicht schlicht genug, zu viel Spitze, zu wenig Spitze, die falsche Spitze. In meinem Kopf brummt’s ganz schön.

Ich probiere ein Second Hand Brautkleid an

Nicht mein Kleid…

Ich probiere ein Second Hand Brautkleid an

Auch nicht mein Kleid… aber dieser Schlitz!

Noch ein Kleid…

Madeleine schaut mich an: „Ich habe ganz frisch ein Kleid reinbekommen, das möchte ich dir zeigen. Ich glaube, es hat alles, was du suchst. Du weißt es nur noch nicht.“ Jetzt bin ich gespannt. Madeleine holt von vorne ein Kleid. Auf dem Kleiderbügel sieht es irgendwie langweilig aus. Ich bin ein bisschen enttäuscht, aber ich gebe Madeleine und dem Kleid eine Chance.

Der Vorhang geht auf, ich habe mich noch nicht selbst gesehen, von der Bank kommt ein zweistimmiges „Wow“. Mama und Freundin sind begeistert. Ich sehe mich im Spiegel und muss mich erst mal an den Anblick gewöhnen. Dieses Kleid ist so anders als das, was ich bis jetzt an hatte. Und es hat so ziemlich alles, was auf meiner heimlichen No-Go-Liste steht. Und trotzdem bin ich ein klein bisschen verliebt. Aber ist es besser als Kleid Nummer 5?

Ich ziehe meine Favoriten nacheinander noch einmal an. Die Zeit fliegt, die anderthalbstündige Anprobe ist fast vorbei. Ich merke, wie ich langsam panisch werde. Wie soll ich mich bloß entscheiden? Madeleine ist die Retterin in der Not: „Ich glaube, du solltest eine Nacht drüber schlafen. Wenn du mir schreibst, dass du Kleid Nummer 5 haben willst, dann nehme ich es direkt aus dem Verkauf und dann holst du es ab.“

Das Kleid sucht sich die Braut

In der vollen Überzeugen, dass ich für dieses Kleid zurückkomme, machen wir uns auf den Heimweg. Zuhause schauen Mama und ich uns die Fotos aller Kleider noch mal an. Ein Kleid sticht heraus und es ist nicht Kleid Nummer 5. Ich schicke die Favoriten an meine Schwiegermama in spe und meine anderen beiden Freundinnen. Von jeder einzelnen bekomme ich (unabhängig voneinander) die gleiche Nachricht: das letzte Kleid ist das Wow-Kleid.

Ich schlafe vorsichtshalber noch eine Nacht drüber. Beziehungsweise ich liege wach, weil ich nur noch an das eine Kleid denken kann. Also schreibe ich Madeleine am nächsten Morgen eine WhatsApp: „Liebe Madeleine, je länger wir uns dieses Kleid ansehen, desto verliebter sind wir alle. Ich würde es unglaublich gerne noch einmal anprobieren.“ Kein Problem, Mama und ich können um zwölf vorbeikommen.

Auf dem Weg zu Wandelgewand fühle ich mich wie vor dem zweiten Date: positiv aufgeregt. Das Kleid hängt schon am Haken, als hätte es die ganze Nacht auf mich gewartet. Ich ziehe es an. Ja, das ist es. „Weißt du“, sagt Madeleine, „ich bin überzeugt davon, dass das Kleid sich die Braut aussucht. Nicht die Braut das Kleid.“ Das ist wie bei Harry Potter, denk ich. Da sucht sich auch der Zauberstab den Zauberer. Und genauso magisch fühlt es sich an.

Tipps für den Kauf deines Second Hand Brautkleids

Ich habe bei Wandelgewand das gleiche Brautkleiderlebnis bekommen, wie ich es auch von einem Laden mit neuen Kleidern erwartet hätte. Sowieso unterscheidet sich Second Hand Shoppen bei Brautkleidern nicht viel vom Neukauf. Trotzdem möchte ich euch ein paar Tipps ans Herz legen:

1. Berücksichtigt Änderungskosten im Budget

Egal ob neu oder Second Hand, euer Brautkleid muss wahrscheinlich noch geändert werden. Neue Kleider werden in den Standardkonfektionsgrößen für eine Körpergröße von 1,80m gefertigt. Bei den allermeisten von uns muss unten also was ab.

Bei preloved Kleidern ist die Chance größer, dass sie euch wie angegossen passen oder nur kleine Änderungen nötig sind. Schließlich wurde das Kleid ja schon mal an eine Real Bride ohne Modelmaße angepasst. Trotzdem solltet ihr Änderungen mit im Budget einrechnen. Am besten nennt ihr bei der Anprobe euer „Inklusiv“-Budget. Die Berater:innen können gut einschätzen, was die Änderungen kosten und halten das Budget im Blick.

Der Unterschied zum Neukauf ist, dass ihr euer Second Hand Brautkleid direkt mitnehmen könnt und euch selbst darum kümmert, dass das Kleid geändert wird. Madeleine hat mir jedoch direkt ein paar gute Schneiderinnen empfohlen und ihre Empfehlungen waren Gold wert.

2. Macht früh genug einen Termin

Natürlich ist die Suche nach einem Second Hand Brautkleid ein ganz kleines bisschen wie Blinddating. Ihr wisst nicht, welche Kleider im Laden auf euch warten. Und vielleicht ist kein Kleid dabei, das zu dir passt. Oder es ist zu klein und dann kann man es nicht einfach eine Nummer größer bestellen. Aber eigentlich macht das die Jagd nach dem perfekten gebrauchten Kleid so spannend. Wenn das richtige Kleid dabei ist, ist es irgendwie magisch.

Ständer mit Second Hand Brautkleidern bei Wandelgewand

Eine Stange voller Wandelgewänder

Vordergrund: weiße Spitze. Im Hintergrund Schaufensterpuppe mit Second Hand Brautkleid

Aus diesem Grund würde ich nicht bis auf den letzten Drücker warten, einen Termin zu machen. Auch wenn ihr euer Kleid direkt mitnehmen könnt. Plant mit ein, dass ihr nicht auf Anhieb euer Kleid findet und vielleicht noch ein paar Wochen später wiederkommt oder einen anderen Laden ausprobiert. Und dass das Kleid wahrscheinlich noch geändert werden muss.

3. Plant mehrere Anprobetermine nicht am gleichen Tag

Wahrscheinlich wegen meines Überkonsums Say yes to the dress hatte ich die verrückte Idee im Kopf, mit einer fünfköpfigen Entourage auf Brautkleidsuche zu geben und in einem Tag drei Läden abzuklappern. Bin ich froh, dass wir das letztendlich nicht gemacht haben!

Ich war schon nach einem Anprobetermin und zehn Kleidern hoffnunglos überfordert. Im ersten Laden hätte ich bestimmt bei jedem Kleid gedacht: „Ich kann doch jetzt noch kein Kleid kaufen. Was, wenn im nächsten Laden noch etwas besseres auf mich wartet?“ Wenn ich jetzt drüber nachdenke, finde ich das den Verkäufer:innen gegenüber nicht fair. Schließlich nehmen sie sich Zeit für mich.

Verkaufe dein Brautkleid

Vielleicht habt ihr euch die Frage gestellt, woher Madeleine die Kleider eigentlich bekommt. Ganz einfach: von anderen Bräuten. Die meisten Läden für Second Hand Brautkleider arbeiten auf Kommissionsbasis. Und das funktioniert so:

Madeleine prüft, ob das Kleid in das Sortiment von Wandelgewand passt und alle Voraussetzungen erfüllt. Dann vereinbart ihr einen Verkaufspreis. Wird das Kleid innerhalb von 9 Monaten verkauft, erhält Madeleine einen Teil der Verkaufssumme. Ansonsten bekommt ihr das Kleid wieder zurück. Bei Wandelgewand muss das Kleid folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • max. 5 Jahre alt
  • nach der Hochzeit professionell gereinigt
  • ohne Fehler oder andere Gebrauchsspuren
  • Originalpreis über 1000€
  • Rechnung vorhanden
  • Körperlänge >165cm mit Absätzen

Gut zu wissen: Andere Läden haben eventuell andere Vorgaben (zum Beispiel bezüglich Alter des Kleides oder Größe der Braut).

Links: ich. Rechts: Madeline, die Eigentümerin von Wandelgewand

Die liebe Madeleine und ich

Ich bin hin und weg

Mich hat das Konzept von Wandelgewand überzeugt. Ich habe ein Kleid mit dem gewissen Etwas zu einem bezahlbaren Preis gefunden und hatte einen unglaublich schönen Nachmittag mit zwei Herzensmenschen. Natürlich rettet mein Second Hand Brautkleid nicht die Welt, aber es tut meinem Gewissen gut, dass ich nichts „Neues“ gekauft habe. Und irgendwie ist die Vorstellung ziemlich cool, dass das Kleid bei Wandelgewand auf mich gewartet hat.

Und jetzt die Frage an euch: Würdet ihr ein gebrauchtes Kleid kaufen? Oder falls ihr schon geheiratet habt, habt ihr euer Kleid danach weiterverkauft? Ich bin gespannt!