Ein Weihnachten ohne Tannenbaum ist wie Hamburg ohne Schietwetter. Da sind wir uns einig, oder? Aber wie lässt sich das alljährliche Baumfällen mit meinem guten Gewissen vereinbaren? Ich habe jetzt schon das zweite Jahr einen Miet-Weihnachtsbaum. Wie das geht und wo ihr (in Hamburg) Weihnachtsbäume mieten könnt, darum geht es heute. Und warum ich mir ein Weihnachten ohne Tanne nicht vorstellen kann.

Ohne Weihnachtsbaum? Ohne mich!

Vor ein paar Jahren sagte meine Mutter zu mir, dass sie in diesem Jahr keinen Weihnachtsbaum kaufen werde. Am liebsten hätte ich mich sofort auf den Boden geworfen und gerufen „ich will aber, ich will aber, …“. Als 3-jähriger hätte ich das gemacht. Ich war damals Ende 30 und diese Reaktion bot sich somit einfach nicht mehr an. Stattdessen drohte ich damit, den weihnachtlichen Besuch ausfallen zu lassen. Kein Weihnachtsbaum, kein Michael.

Auch heute hängt mein Herz noch an diesem Tannenbaum, den wir uns in der Weihnachtszeit für ein paar Tage in die gute Stube stellen. Ich denke, dass es vielen anderen wie mir geht. Bei vielen von uns gehört der Weihnachtsbaum zu einer gepflegten Tradition, die wir bereits von den Eltern übernommen haben. Immerhin ist der Weihnachtsbaum weltweit das bekannteste Symbol für das Weihnachtsfest. Mit dem Leih-Weihnachtsbaum können wir diese Tradition etwas nachhaltiger machen.

An Weihnachten sehen wir den Wald vor lauter Bäumen nicht

Ich erlebte den Weihnachtsbaum in den letzten Jahren mit gemischten Gefühlen. Als verantwortungsvolle Konsument:innen sparen wir Strom, vermeiden Plastik, kaufen Bio und fahren Fahrrad. Wir sind gegen die Lebensmittelverschwendung und für low waste.

An Weihnachten scheint eine Ausnahme zu gelten: Wir kaufen unsere geschlagenen Weihnachtsbäume noch immer beim Baumarkt um die Ecke und achten selten auf Herkunft oder Schicksal. Ungefähr 27 Millionen Bäume ziehen jährlich für kurze Zeit in die Wohnzimmer Deutschlands ein. Wenn der Baum dann nach Weihnachten anfängt zu nadeln, sind wir froh ihn an einer Sammelstelle loszuwerden. Eigentlich ein trauriges Ende.

Ausflug in die Geschichte: Woher stammt diese Tradition?

Die ältesten Belege für einen dekorierten Tannenbaum gehen auf die Zukunftschronik des städtischen Handwerks in Bremen zurück und führen ins Jahr 1597. Von den Zünften ist die Sitte im Laufe der Zeit auf städtische Familien übergegangen.

Ab 1730 wurden die Bäume auch erstmals mit Kerzen geschmückt. Die Lichterbäume standen aber zunächst nur in den Häusern evangelischer Familien. Konfessionsübergreifend eroberte der Tannenbaum die Wohnzimmer in der Zeit der Freiheitskriege gegen Napoleon zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Der Baum wurde damals zum Sinnbild des Deutschtums und unabhängig von der Glaubensrichtung oder Weltanschauung als Bestandteil des Weihnachtsfestes anerkannt. Nach und nach verbreitete sich die Weihnachtstradition in ganz Europa und ist heute nicht mehr aus den Wohnzimmern Deutschlands wegzudenken.

Mein Leih-Weihnachtsbaum

Die Entscheidung für den Leih-Weihnachtsbaum

Doch wie „grün“ ist der Weihnachtsbaum eigentlich? Genauer hingesehen, ist der Brauch nicht sehr umweltfreundlich: Der klassische Weihnachtsbaum stammt häufig aus Monokulturen, wird mit Herbiziden und Pestiziden behandelt oder hat eine lange Reise aus dem Ausland hinter sich, bis er schließlich seinen Platz im Wohnzimmer gefunden hat. All das ist schädlich für den Wald, das Grundwasser und uns Menschen.

Ich habe mich daher entschieden mein weihnachtsbäumliches Gewissen etwas zu erleichtern. Auch wenn für mich die Option „kein Baum“ nicht besteht, gibt es verschiedene Möglichkeiten die Tradition grüner zu erleben. Durch den Kauf eines zertifizierten Bio-Baums oder eines Baums aus regionalem Anbau. Aber auch diese Bäume erfreuen die Menschen nur dieses eine Mal. Es würde auch die Möglichkeit bestehen einen Baum mit Wurzeln im Topf zu kaufen. das klingt auch nach einer schönen nachhaltigen Idee. Aber nicht jede:r hat – insbesondere hier in Hamburg – einen Garten, in dem ein jährlich wachsender Nadelwald angelegt werden könnte.

Wie wäre es also mal, einen Weihnachtsbaum zu mieten und nicht zu kaufen? Ein Miet-Weihnachtsbaum hat im Februar nicht einfach ausgedient und ist dadurch deutlich nachhaltiger. Meine Wahl fiel also auf die Mietvariante und nun habe ich zum zweiten Mal einen Leihbaum zu Hause.

Einen lebenden Weihnachtsbaum mieten – nur wo und wie geht das?

Zunächst musste ich also einen Anbieter oder eine Anbieterin finden. Der Miet-Weihnachtsbaum sollte dabei aus regionaler Produktion stammen. Natürlich wäre ein Bio-Siegel von Vorteil, aber für Nachhaltigkeit kein Muss. Über die Google-Suche wurde ich schnell fündig. In Hamburg bieten zum Beispiel rent-a-plant oder die Weihnachtsbaumfreunde Weihnachtsbäume zum Mieten an.

Das Angebot ist allerdings begrenzt und daher bietet es sich auch an einfach einmal bei lokalen Baumschulen oder regionalen Förstereien nachzufragen. Einige in uns um Hamburg bieten ihre Weihnachtsbäume auch zu Mieten an, wenn auch nicht unbedingt mit einem zugänglichen Internetauftritt. Und falls es noch kein Angebot gibt, könnt ihr es durch eure Nachfragen schaffen.

Die Nachhaltigkeit der ganzen Sache wird dadurch gewährleistet, dass die Bäume in Töpfen großgezogen werden. Nach jeder Leihe wird überprüft, ob der Baum einen größeren Topf benötigt, oder bleiben kann. Braucht er einen größeren, wird er umgetopf. Dieses Vorgehen gewährleistet, dass der Baum sich der Topfgröße anpassen kann, die Wurzeln nicht verletzt werden und das Aussetzen in die Freiheit am Ende seines Lebens als Miet-Weihnachtsbaum möglich ist.

Von billigen Mietbäumen wie es sie vermehrt in Baumärkten und Discountern gibt, würde ich daher abraten. Die Bäume werden möglicherweise als gewachsener Baum aus der Erde entfernt und zum Verleihen in einen Topf gepflanzt. Das Wurzelwerk ist dann beschädigt, Aussetzen nicht mehr möglich und von Nachhaltigkeit keine Spur mehr. Die geliehenen Weihnachtsbäume unterjährig zu pflegen, umzutopfen und unterzubringen kostet Geld, was sich natürlich dann auch in einem gewissen Preis abbilden muss.

Leih-Weihnachtsbaum is coming home

Ich miete meinen Weihnachtsbaum dieses Jahr bei rent-a-plant in Rellingen an der Grenze zu Hamburg. Dort und auch bei den anderen Anbietern besteht die Möglichkeit den Leih-Weihnachtsbaum selbst abzuholen oder gegen einen Aufpreis liefern und abholen zu lassen.

Ich bin ein Selbstabholer und mache mich an einem der ersten winterlich anmutenden Novembermontage auf den Weg. Die maximale Leihdauer beträgt 30 Tage, die Rückgabe ist ab dem 27.12. möglich. Ich kann mich des Baumes also fast die gesamten 30 Tage erfreuen.

Ich hatte die Baumart – Blaufichte – und die Größe – 150–175 cm – bereits vorher online reserviert, so dass das Team von rent-a-plant mir einen lieben Baum zur Seite stellen konnte. Der Besuch dort geht dann auch ganz schnell über die Bühne. Bestellung vorzeigen, bezahlen, Baum in ein Netz packen lassen, ins Auto laden und nach Hause fahren.

Bei der Bestellung solltet ihr in jedem Fall darauf achten, dass der Baum samt Topf ins Auto passt. Mindestens genauso wichtig ist es aber darauf zu achten, dass ihr in tragen könnt, allein oder mit Hilfe. Lasst euch dazu am besten vor eurer ersten Leihe beraten. Meiner war eigentlich zu schwer für mich allein. Hilfe abwarten wollte ich aber trotzdem nicht. Ich musste es sofort erledigen und es ging irgendwie.

Leih-Weihnachtsbaum is coming home

Den Miet-Weihnachtsbaum hegen und pflegen

Die ganze Geschichte ist unter Nachhaltigkeitspunkten natürlich nur dann sinnvoll, wenn der Baum auch wirklich nach Weihnachten weiterlebt. Es ist daher wichtig, dass er zu Hause sorgsam behandelt wird und nicht zu lange im Wohnzimmer steht. Die wichtigen Pflegetipps werden euch insbesondere beim ersten Mal vom Anbieter mitgeteilt. Diese sind dann auch einfach zu befolgen:

  • Der Miet-Weihnachtsbaum sollte langsam an die wärmere Temperatur gewöhnt werden und nicht neben der Heizung stehen.
  • LED-Lichterketten und keine brennenden Kerzen
  • Ihr solltet ihn regelmäßig, aber nicht zu viel gießen.
  • Kunstschnee und Lametta sind tabu.

Das Fest der Freude

Für mich wird die Vorweihnachtszeit und das Weihnachtsfest durch meinen Miet-Weihnachtsbaum nun zu einer größeren Freude. Herkunft des Baumes, Aufzucht ohne Pestizide, kein Auswuchs einer Monokultur: alles gecheckt. Einen kleinen Beitrag zur Vermeidung einer Gefährdung von Umwelt, Böden, Grundwasser und nicht zuletzt der eigenen Gesundheit geleistet: ja!

Frohe Weihnachten

Nun funkelt der Leih-Weihnachtsbaum allabendlich bei mir zu Hause und der 3-jährige, der weiterhin in mir wohnt und dort auch nicht ausziehen will, freut sich wie Bolle.

Euch eine wunderschöne, freudige und ruhige Weihnachtszeit!