Der Name lädt zum träumen ein: „Die Bibliothek der Dinge“. Das klingt, als wenn alles, was je erfunden wurde, an einem Ort für die Nachwelt zusammengetragen worden ist. Schon aus Platzgründen können die Hamburger Bücherhallen das natürlich nicht leisten, aber trotzdem kann man sich dort jetzt Dinge ausleihen.

Obwohl es die Bibliothek der Dinge schon seit 2018 gibt, hat eine schnelle Umfrage unter meinen Freund:innen und Nachbar:innen mit Bücherhallenkarte ergeben, dass sie entweder noch nicht davon gehört haben oder zwar davon gehört, aber noch nichts ausgeliehen haben. Im Sinne der Schonung von Ressourcen wäre es schön, wenn sich das bald ändert.

Gerät leihen und Strom sparen

Sharing ist caring

Für die Bücherhallen war es ein ganz logischer Schritt, eine Bibliothek der Dinge einzurichten, denn allen Bücherhallen wohnt der Sharing-Gedanke inne. Ursprünglich wurden Bücher mit anderen geteilt, aber vor den Dingen sind auch schon andere Medien wie Kassetten, CD’s, Videos, DVDs, Tonies und auch analoge und digitale Spiele in die Bücherhallen eingezogen. Katrins Liebeserklärung an die Bücherhallen als konsumfreie Orte, könnt ihr dort nachlesen, wo die wilden Bücher wohnen.

Bücher zum Teilen

Impulsgeberin für die Bibliothek der Dinge war eine Studentin die gerne ihre Bachelor-Arbeit zu dem Thema schreiben wollte. Daraufhin wurden eine Kund:innenbefragung durchgeführt, welche Gegenstände sich die Nutzer:innen der Jugendbibliothek am Hühnerposten vorstellen könnten auszuleihen.

Es wurden dann Sachen gekauft, wie eine Hängematte, eine Bluetooth-Box oder eine Instax-Kamera. Also Dinge, die man ab und zu braucht oder die vielleicht ein bisschen teurer sind und die sich Jugendliche nicht unbedingt leisten können. Ursprünglich durften auch nur Jugendliche die Dinge ausleihen. Die Bücherhalle hat dann aber schnell gemerkt, dass die Bibliothek durchaus etwas ist, was die gesamte Zielgruppe anspricht – sowohl Kinder als auch Erwachsene.

In der Folge wurde die Bibliothek der Dinge aus der Jugendbibliothek herausgelöst, allen Bücherhallen-Kund:innen zugänglich gemacht und und um weitere Dinge erweitert. Weil es so gut läuft, gibt es die Bibliothek der Dinge mittlerweile auch nicht mehr nur in der Zentralbibliothek, sondern auch in vielen anderen Häusern.

Vielleicht das wichtigste Ding in einer Bibliothek

Die Bücherhallen Alstertal, Altona, Bergedorf, Eimsbüttel, Elbvororte, Farmsen, Harburg, Lokstedt, Osdorfer Born, Rahlstedt, Schnelsen und Wilhelmsburg sind schon dabei. Kürzlich hat die Eimsbütteler Bezirksversammlung Mittel für den weiteren Ausbau der Bibliothek der Dinge bewilligt. So bekommen im Bezirk Eimsbüttel nun auch die Bücherhallen in Eidelstedt und Niendorf die Gelegenheit sich Gegenstände zu kaufen und auch eine Bibliothek der Dinge aufzubauen.

Teilen, leihen und nicht selbst besitzen

Tatsächlich geht es oft ja nicht darum, selbst Eigentümerin eines Gerätes zu sein. Vielmehr interessiert oft ja nur die Nutzung oder das Ergebnis der Nutzung. Bei einer Bohrmaschine geht es mir zum Beispiel nicht darum, jederzeit den grünen Koffer in meiner Wohnung stehen zu haben. Ich möchte die Möglichkeit haben, ab und zu ein Loch in die Wand zu bohren. Dazwischen kann das Gerät gerne von anderen genutzt werden. Wenn sich mehr Menschen ein Gerät teilen, werden logischer Weise weniger Ressourcen verbraucht, weil weniger Geräte hergestellt werden. Ein weiterer Vorteil – der bei steigenden Quadratmeterpreisen in Hamburg nicht zu unterschätzen ist – ist, dass man weniger Zeug zu Hause stehen hat.

Dementsprechend versuchen die Bücherhallen Dinge anzuschaffen, die oft nur einmal oder selten gebraucht werden. Es gibt aber auch Sportgeräte oder Instrumente, die man vielleicht erst einmal ausprobieren möchte, bevor man sie sich anschafft.

Auslage der Dinge in Eimsbüttel

Wenn die Bücherhallen Dinge zum Verleih einkaufen, gibt es aber einige Besonderheiten zu beachten. So dürfen die Dinge einen bestimmten Preis nicht überschreiten, weil die Ausleiher:innen für die Gegenstände haften, die verloren oder beschädigt werden. Damit das bezahlbar bleibt, liegt der Maximalpreis momentan bei 100 bis 150 Euro.

Aus Hygienegründen werden keine Dinge, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen, in die Bibliothek der Dinge aufgenommen. Also keine Eismaschine, Backformen oder Ähnliches.

Gegenstände, die in irgendeiner Weise Daten von Kund:innen speichern, werden ebenfalls nicht angeschafft. Eine kleine Ausnahme wird bei Ebook-Readern gemacht, die aber dann jeweils nach der Ausleihe von den Mitarbeiter:innen der Bücherhallen zurückgesetzt werden. Es wird aber oft gefragt, wieso keine Tonie-Boxen verliehen werden. Das ist aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht möglich, da die Nutzer:innen sich selber bei der Tonie-Box mit ihren Daten registrieren müssen.

Wie funktioniert die Ausleihe?

Die Bücherhallenkarte reicht aus, um ein Ding auszuleihen. Die Gegenstände werden wie alle anderen Medien auch behandelt. Für die Bücherhallen sind sie von der Einarbeitung und von der Ausleihbarmachung aufwändiger als Standardbücher, aber sie können ganz normal ausgeliehen werden. Auch die Leihdauer ist kürzlich für alle Medien und Dinge vereinheitlicht worden und beträgt vier Wochen.

Auch der Blue-Bot darf vier Wochen bei euch wohnen

Sind Schäden und Verluste an der Tagesordnung?

Abgesehen von einem Betrugsfall, wo ein Nutzer falsche Daten angegeben hat und drei Bluetooth-Boxen entwendet hat, gibt es kaum Probleme. Die Kund:innen gehen relativ gut mit den ausgeliehenen Gegenständen um. Ab und zu gibt es kleinere Verluste. Dann kommt der Beamer ohne Fernbedienung zurück, es fehlt das USB-Kabel von einem Playstation-Controller oder bei der Nähmaschine ist die Glühbirne durchgebrannt. Aber bisher ist immer aus Mitteln der Bücherhallen für Ersatz gesorgt worden und es ist nicht den Kund:innen in Rechnung gestellt worden.

Heiß begehrt: Die Eimsbütteler Nähmaschine

Wünsche und Spenden

Wenn jemand einen Gegenstand spenden möchte, ist es wichtig, dass der Gegenstand auch ausleihbar gemacht werden kann. Das Aufwändigste ist tatsächlich immer den Gegenstand bibliotheksfertig zu machen. Die Bücherhallen achten immer darauf, dass die Dinge eine Tasche oder einen Karton haben, so dass man sie auch transportieren kann. Wenn man ein Ding spenden möchte, kann man sich gut an der Liste der Dinge im Bücherhallen-Katalog orientieren. So bekommt man einen Eindruck davon, welche Art von Dingen geeignet ist.

Ringlicht, gut beschildert und verpackt

Die Bücherhallen kaufen auch gerne von Spendengeldern Dinge, die gewünscht werden. Mittlerweile gibt es eine relativ lange Liste an Kund:innenwünschen. Falls ihr auch einen Wunsch auf dem Herzen habt, könnt ihr ihn online über das Anschaffungswunsch-Formular an die Bücherhallen senden.

Was sind die Highlights unter den Dingen?

Als ich die Mitarbeiter:innen der Bücherhalle Eimsbüttel gefragt habe, welche Dinge am liebsten ausgeliehen werden, sind sie richtig ins Schwärmen gekommen. Die Nähmaschine sei quasi nie da, weil sie so begehrt ist. Für Umzüge werden gern das Werkzeugset, die Sackkarre und Spanngurte ausgeliehen. Aber auch elektronische Geräte, wie die Instax-Kamera, die Blue-Tooth-Box oder die Controller sind sehr beliebt. In Zeiten der Energie-Krise ist auch das Strom-Messgerät gefragt, mit dem man Stromfresser im Haushalt finden kann. Tatsächlich können Bücherhallen-Mitarbeiter:innen auch jedes Ding erklären, selbst wenn es Geräte sind, deren Sinn sich nicht zwingend auf den ersten Blick erschließt, wie z.B. Makey Makey, ein Programmier-Tool für Kinder oder der Roboter-Käfer „Blue-Bot“.

Makey Makey

Es gibt aber auch Saisonware. Artikel wie Badminton-Sets, Slacklines oder Hängematten sind natürlich im Sommer sehr beliebt. Wenn es im Wehbers Park, der vor der Eimsbütteler Bücherhalle liegt, langweilig wird, kann man sich bei schönem Wetter einfach das Kubb-Set holen und eine Runde Winkingerschach spielen. Im Winter liegen diese Dinge natürlich im Regal.

Für Spaß im Park: Das Wikingerschach

Platz als limitierender Faktor

Auf meine Frage, ob die Bibliotheken der Dinge noch weiter ausgebaut werden sollen, sagt Frau Hempel, die zuständige Mitarbeiterin der Bücherhallen:

„Momentan ist Platz leider der limitierende Faktor. Da einige Bücherhallen eher klein sind, müssen wir immer abwägen, ob noch weitere Dinge angeschafft werden können. Unser Kerngeschäft ist natürlich die Medienausleihe, aber in den letzten 10-15 Jahren hat sich Bibliothek generell extrem gewandelt. Wir sind ja das „Wohnzimmer der Stadt“ und wir machen dementsprechend auch ganz viel als Lern- oder Veranstaltungsort. Es kommen nicht mehr so viele Menschen, die nur klassisch ein Buch ausleihen wollen, sondern meistens verbinden sie das mit anderen Sachen. Wir sind Bibliothek und bleiben Bibliothek, aber neue Sachen kommen eben immer wieder dazu. Und wenn es so gut angenommen wird, wie die Bibliothek der Dinge, wieso soll man es dann nicht machen?“