Wow, einfach nur Wow. Ich habe gerade an meiner ersten Tasse Teikei Coffee genippt und meine Geschmacksknospen tanzen jetzt Samba. Bitter, süß, cremig und einen Hauch nussig – für eine Kaffeebanausin wie mich, die normalerweise Hafermilch mit Kaffeegeschmack trinkt, eine ganz neue Erfahrung. Und auf einmal macht mir auch das Schietwetter im August nichts mehr aus.

Ich sitze mit Lotti vorm Teikei Café im Karoviertel. Kennengelernt haben wir uns beim Aufräumen mit Oclean im Park Fiction vor einigen Wochen (wenn ihr uns auf Instagram folgt, habt ihr vielleicht ein paar Eindrücke von meinem ersten Cleanup gesehen). Irgendwie waren wir uns direkt sympathisch. Umso mehr freut es mich, dass Lotti mich zum Greenschnacken auf eine Tasse nachhaltigen Teikei Kaffee eingeladen hat. 

Nicht ganz klar im Kopf

Lotti erzählt mir von einem Video, das sie gesehen hat: „Ich weiß nicht, ob das so alles wissenschaftlich belegbar ist, aber die Vorstellung finde ich schon sehr bezeichnend. Es ging im Video darum, dass es ohne den Kaffee keine Aufklärung gegeben hätte. Bis der Kaffee nach Europa kam, waren eigentlich alle ständig betrunken. Damals war es nicht sicher, Wasser zu trinken. Deswegen tranken die Leute vor allem Bier und Wein. Ohne Kaffee wären die Menschen nicht nüchtern geworden und hätten wir uns nicht weiterentwickelt.“

Ich habe das Video zuhause tatsächlich gefunden und einen schnellen Faktencheck gemacht. Michael Pollan ist Journalist und Professor an der University of California, Berkeley. Seine Aussagen sind vielleicht etwas überspitzt, aber grundsätzlich historisch belegbar und plausibel:

Wie Kaffee den Lauf der Geschichte verändert hat

Später muss ich nochmal daran denken, welche Auswirkungen die Einführung des Kaffees auf die Menschen damals hatte. Ohne Kaffee keine Aufklärung, kein intellektueller Austausch, keine Revolutionen, kein wirtschaftlicher Fortschritt. Das bedeutet aber auch, dass wir unseren Planeten bei klarem Verstand zugrunde richten. Für unsere Erde wäre es definitiv besser gewesen, wir wären beim Alkohol geblieben.

Die schwarze Seite des Kaffees

Die Bilanz von “normalem” Kaffee sieht alles andere als rosig aus. Existenzgefährende Löhne, Kinderarbeit, Regenwaldrodungen, Bodendegredation, Pestizidbelastung, hoher Wasserverauch – die Liste der negativen Nebeneffekten des Kaffeeanbaus ist lang.

Und trotzdem verübel ich es niemanden, der nicht auf seinen Kaffeekonsum verzichten will. Auf das Morgenritual, wenn euch der Duft von frischem Kaffee erst richtig aus dem Land der Träume holt. Oder auf die gemeinsamen Plauderstündchen im Café um die Ecke. Kaffee ist flüssiges Glück – für einen alleine oder mit anderen.

Wie verkaufe ich den nachhaltigsten Kaffee der Welt?

Weil wir nicht verzichten wollen (oder können), sollten wir uns die Frage stellen, wie wir die vielen Nebeneffekte reduzieren können. Und genau darüber rede ich mit Lotti. Sie erzählt mir von der Vision von Teikei Coffee: den nachhaltigsten Kaffee der Welt zu produzieren und zu verkaufen. Wie geht das?

Nachhaltige Produktion

Die Kaffeepflanzen, von denen die Bohnen für den Teikei Coffee stammen, wachsen in Oaxaca, Mexiko. Hier werden sie in einem gesunden, artenreichen Ökosystem nach ökologischen Prinzipien angebaut. Die Bäuer:innen vor Ort werden dabei von Wissenschaftler:innen unterstützt, damit der Anbau so nah an der Natur wie möglich geschieht.

Esteban bei der Ernte der Bohnen für den nachhaltigen Teikei Kaffee ©Erick Bolaños
Esteban bei der Ernte der Bohnen für den nachhaltigen Teikei Kaffee ©Erick Bolaños

Um die Lebensgrundlage der Menschen, die unseren Kaffee produzieren, zu garantieren, will Teikei Coffee ein System etablieren, dass der solidarischen Landwirtschaft ähnelt. Nur dann eben global. Indem wir als Kaffeekonsument:innen eine Art Kaffeeabo abschließen, kann Teikei den Kaffee vorfinanzieren. Das bedeutet, dass die Bauern und Bäuerinnen nicht erst nach der Ernte je nach Ertrag bezahlt werden. Sondern, dass sie vorab wissen, wie viel sie für ihren Kaffee bekommen werden und wann. 

So verteilt sich das Risiko, dass die Ernte schlecht ausfällt, auf alle Schultern. Während es für uns am Ende der Lieferkette relativ gering ist (im schlimmsten Fall bekommen wir weniger Kaffee für unser Geld), eröffnet es den Menschen in Mexiko viele Türen. Lotti erzählt mir, dass ein Kaffeebauer zum ersten Mal in seinem Leben eine Konto eröffnen konnte, weil er jetzt so etwas wie ein stetiges Einkommen hat. Und dank des Kontos zum ersten Mal in seinem Leben Geld für schlechte Zeiten spart.

Nachhaltiger Transport

Jetzt muss der Kaffee möglichst nachhaltig von Mexiko nach Deutschland gebracht werden. Für den Transport hat sich das Teikei-Team für die traditionelle Variante entschieden: mit dem Segelschiff ‚Avontuur‘ (passenderweise ‚Abenteuer‘ auf Niederländisch). Da ungeröstete Kaffeebohnen lange haltbar sind, bietet sich der Transport per Segelschiff an. Die sind im Vergleich zu anderen Schiffen relativ emissionsarm und sauber. Außerdem sind Segelschiffe recht leise und stören somit die Lebewesen im Meer weniger als anderer Schiffsverkehr.

Entladung des Teikei Kaffees vom Segelschiff 'Avontuur' ©El Puente
Die ‚Avontuur‘ wird in Hamburg entladen ©El Puente

Lotti redet ganz offen mit mir darüber, dass der Transport mit dem Segelschiff zwar bis jetzt die nachhaltigste Option, aber eben noch nicht perfekt ist. Das hat vor allem mit Regularien und Bürokratien zu tun. Weil die Crew mindestens einmal während der Reise wechseln muss, müssen Menschen von einem Ort zum anderen geflogen werden. “Nachhaltigkeit ist kein Zustand, sondern eine Reise. Wenn wir eine nachhaltigeren Weg finden, dann werden wir den nehmen.”

Nachhaltige Verpackung

Einmal in Deutschland angekommen, wird der Kaffee geröstet und verpackt. Lotti erklärt mir, dass die Gemeinschaft dabei im Vordergrund steht: Wenn ihr euch mit anderen Kaffeeliebhaber:innen zu einer Verbrauchsgemeinschaft zusammentut, könnt ihr euch entscheiden, ob ihr den Kaffee wie gewohnt in Tüten verpackt oder in 10-kg-Pfandeimern geliefert bekommen möchtet. Das spart nicht nur Verpackungsmüll, sondern stärkt auch das Gemeinschaftsgefühl. Die Gemeinschaften gibt es mittlerweile in ganz Deutschland und der Schweiz (schau mal hier). Oder ihr gründet einfach eine eigene.

Auch in verschiedenen Unverpacktläden und Cafés gibt es Teikei Coffee. Dann auch in kleineren Packungen. Wir Hamburger können den Kaffee direkt im Teikei Café beziehen – entweder als Teil eines Abos oder einzeln. Übrigens: Damit wir uns daran gewöhnen, unverpackt einzukaufen, kostet der Kaffee in der Verpackung 3€ extra. Also schön dran denken, einen Behälter mitzubringen 😉.

Nachhaltiger Preis

Auf dem freien Markt schwanken die Einkaufspreise für Kaffee ständig. Deswegen ist es schwierig, genau anzugeben, wie viel traditionelle Kaffeeanbauer:innen für ihren Kaffee bekommen. In den letzten Jahren erhielten sie je nach aktuellem Weltmarktpreis zwischen 1€ und 4€ pro Kilo. Selbst Faitrade-Produzent:innen erhalten nur einen Mindestpreis von plus minus 2,50€ pro Kilo. (Zum Vergleich: Wir zahlen pro kg Kaffee 2,19€ Kaffeesteuer an den deutschen Staat.)

Die schwankenden Kurse und die sowieso niedrigen Kaffeepreise bedeuten für viele am Anfang der Lieferkette vor allem eines: ein Leben am Existenzminimum. Teikei hingegen zahlt 7€ pro Kilo Kaffee, ganz unabhängig vom Weltmarktpreis. Lotti erklärt mir, wie sich der Preis für den Teikei Kaffee zusammensetzt:

Preiskalkulation für 1kg Teikei Coffee: 7,00 € Wertschöpfung in Mexiko + 4,00 €  Segeltransport + 0,51 € Landtransport, Import und Lagerung + 6,00 € Teikei Coffee Administration + 0,80 € Entwicklungs- und Sicherheitsrücklagen + 0,73 € Finanzierung + 2,84 € Röstung + 2,30 € Gewichtsverlust d. Röstung + 0,60 € Verpackung + 2,19 € Kaffeesteuer + 2,60 € Karton abpacken  = Netto 29,57 €. 7 % MwSt. in Höhe von 2,07 € = 31,64 € Brutto.
So setzt sich der Preis für 1kg Teikei Coffee zusammen. Quelle: Webseite von Teikei Coffee.

Nachhaltiger Konsum

Ja, nachhaltiger Kaffee hat seinen Preis. 30€ pro Kilo mögen vielen teuer vorkommen. Aber nur, weil im “normalen” Kilopreis viele Kosten einfach nicht mit gerechnet werden. 30€ sind annähernd ein Preis, von dem alle entlang der Lieferkette profitieren – nicht nur wir Konsument:innen. 

Lotti und ich sind uns einig, dass wir Kaffee wieder als das sehen sollten, was es ist: ein Luxusgut. Auch wenn viele das wahrscheinlich anders sehen, Kaffee ist eben kein Grundnahrungsmittel. Statt achtlos einen schlechten Automatenkaffee nach dem andern aus Pappbechern in uns rein zu kippen, sollten wir ihm wieder einen höheren Stellenwert geben: Kaffee aus nachhaltigen Quellen zu einem fairen Preis als kleiner Wohlfühlmoment im Alltag.

Wir hatten vorher bereits ein Abo einer anderen Hamburger Kaffeerösterei. Der Kaffee ist gut, der Preis etwas günstiger, aber wie der Kaffee produziert wird, bleibt unklar. Deswegen werden wir auf ein Teikei-Abo umsteigen. Wir schrauben nur noch an der richtigen Dosierung. Ich trinke meinen Kaffee jetzt übrigens schwarz.

Teikei Coffee – Guter Kaffee gegen Weltkater

Ich finde es toll, dass es Menschen gibt, die die komplette Lieferkette des Kaffees neudenken. Denn Kaffee sollte uns nicht nur nüchtern und produktiver machen, er sollte auch gegen den Weltkater helfen. Wenn ihr jetzt auch Lust auf leckeren, nachhaltigen Kaffee bekommen habt, dann schaut doch mal im Teikei Café vorbei und testet ihn selbst.

Ganz lieben Dank an Lotti, die all meine Fragen beantwortet und mit mir dem miesen Augustwetter getrotzt hat.