Wenn man in Hamburg Lebensmittel einkaufen geht, sieht man jede Menge Menschen, die Einkaufskörbe und Jutebeutel nutzen, um ihre Einkäufe nach Hause zu tragen. Plastiktüten sind weitgehend verdrängt worden. Geht man allerdings zum Bäcker, sieht man selten, dass Brotbeutel aus Stoff oder andere Mehrwegalternativen genutzt werden. Einige Menschen bringen Tupperdosen mit, um ihren Kuchen mit nach Hause oder in die Firma zu nehmen. Aber ich kann mich nicht erinnern, dass ich schon mal jemand anders mit Brotbeutel beim Bäcker getroffen hätte.

Als Kind bin ich immer gefragt worden, ob ich mein Franzbrötchen „gleich auf die Hand“ möchte oder in eine Tüte. Leider scheint es das kaum noch zu geben. Heute sehe ich immer öfter Leute, die aus der Bäckerei kommen und ihr Tüte sofort wegwerfen, um dann ihr Brötchen zu essen. Das ist dann nicht einmal eine Minute, die die Tüte genutzt wurde.

Unverpackt beim Bäcker einkaufen

Ich gehe jetzt seit drei Jahren mit meinem Brotbeutel Brot und Brötchen einkaufen. Für unseren 4-Personen-Haushalt sind das im Schnitt bestimmt drei Papiertüten pro Woche, die damit eingespart werden – also 156 Tüten im Jahr. Manchmal werde ich gefragt, ob das Brot darin schneller trocken wird, aber ich konnte bisher keinen Unterschied zu den Papiertüten feststellen.

Mein erster Brotbeutel war ein Wäschesäckchen aus der Kita meiner Tochter für das wir keine Verwendung mehr hatten und das einfach umgewidmet wurde. Man muss dran denken, ihn einzupacken, aber wenn man das mit dem Jutebeutel für den Einkauf schafft, schafft man das auch mit dem Brotbeutel.
Während Corona gab es einige Unsicherheiten bezüglich der Nutzung von eigenen Verpackungen, aber mittlerweile hat sich alles wieder normalisiert. Einige Bäcker geben einem das Brot einfach über die Theke, viele haben ein kleines Körbchen, aus dem man Brot und Brötchen in den Brotbeutel packen kann und die Deluxe-Version ist, wenn die Brötchen zum Einpacken über eine Brötchen-Rutsche zu einem kommen.

Unverpackt einkaufen in der Bäckerei

Einmal ohne, bitte!

Zuletzt habe ich in einer Filiale der kleinen Konditorei in Eimsbüttel sogar einen Aufkleber von „Einmal ohne bitte“ erspäht. Das Projekt hat sich die Vermeidung von Verpackungsmüll beim Einkauf zum Ziel gesetzt und auf Einmalohnebitte.de werden die Partner-Geschäfte, wo man schon unverpackt einkaufen kann, auf einer Karte sichtbar gemacht.

Die Bäckereien sind also bereit, jetzt braucht ihr nur noch einen Brotbeutel!

Ganz einfach selbstgenäht

Falls du keinen Büdel mehr hast, den du zweckentfremden kannst, nähst du dir einfach einen!
Der Brotbeutel ist ein schönes Projekt auch für Nähanfänger:innen und eine gute Gelegenheit Stoffreste zu verwerten. Ihr könnt Eure Beutel natürlich mit Borten oder Aufnähern verzieren, mit Kindern macht es aber auch Spaß sie mit Kartoffeldruck zu bestempeln. Dann sind sie ein tolles Geschenk und bei uns in der Familie verursachen die Großeltern jetzt auch weniger Müll beim Brötchen holen.

In einen Beutel mit den Maßen 32x38cm passen alle handelsüblichen Brote gut rein und zusätzlich noch ein paar Brötchen. Wenn man den Platz nicht ganz nutzt, kann man den überschüssigen Stoff einfach umschlagen. Etwas zu groß ist hier besser, als etwas zu klein. Aber wenn du weißt, dass du immer nur zwei Brötchen kaufst, dann verringerst du die Größe einfach auf deinen Bedarf.
Als Stoff eignet sich Webware, also nicht dehnbarer Stoff, in einer mittleren Stärke. Der Stoff sollte nicht zu dünn sein, weil einige Brote eine robuste Kruste haben, aber auch nicht zu dick, weil der Beutel sich dann ober nicht gut zusammen ziehen lässt. Vielleicht hast du auch noch ein altes Geschirrhandtuch aus Bauernleinen oder eine schöne Tischdecke, die du nicht mehr nutzt, aber so noch upcyceln kannst. Es ist natürlich auch möglich, mehrere Stoffreste zusammenzunähen für den Brotbeutel.

Anleitung:

Du brauchst folgendes Material:

  • Stoff 34 x 80 cm
  • Garn
  • 85 cm Kordel

Wenn du einen Stoff mit einem Muster nutzen möchtest, das eine Richtung hat, musst du zwei Stoffteile mit je 34×41 cm zuschneiden, damit das Muster nicht auf einer Seite auf dem Kopf steht und du auch an der Unterkante 1cm Nahtzugabe hast.

Benötigtes Material für einen Brotbeutel

Schritt 1:

Schneide deinen Stoff zu. 34 cm in der Breite und 80 cm in der Länge, also mit dem Fadenlauf (parallel zur Webkante am Rand). Wenn du eine Zick-Zack-Schere für den Zuschnitt nimmst, sparst du dir das Versäubern der Ränder.

Rollschneider, Schneiderkreide, Schneidematte und Quilt-Lineal zum Zuschneiden des Stoffes

Schritt 2:

Versäubere die Stoffränder mit dem Zick-Zack-Stich der Nähmaschine oder mit der Overlockmaschine.

Stoffränder versäubern

Schritt 3:

Falte den Stoff rechts auf rechts (also so, dass die „schöne“ Seite innen liegt) und setze dir mit Schneiderkreide oder Bleistift 5 cm vom oberen Rand entfernt auf einer Seite eine Markierung für den Tunnelzug.

Markierung mit Schneiderkreide

Schritt 4:

Stecke dann mit Stecknadeln oder Wonderclips die beiden Stoffhälften aufeinander. (Falls du zwei einzelne Stoffteile hast, auch die Unterkante.)

Schritt 5:

Beginne an der Markierung deinen Beutel 1 cm vom Rand entfernt nach unten hin mit Gradstich zusammenzunähen. Die andere Seite nähst du bis zur oberen Kante zusammen, ebenfalls mit Gradstich und 1cm Nahtzugabe. (Falls du zwei einzelne Stoffteile hattest nähst du auch die Unterkante zusammen.)

Stoff mit aufgezeichneten Nähten

Schritt 6:

Bügele die Nahtzugabe auf beiden Seiten auseinander.

Nahtzugabe auseinander bügeln

Schritt 7:

Falte die obere Stoffkante 3 cm nach unten und bügele ebenfalls darüber. Stecke sie dann mit Stecknadeln oder Clips fest.

Tunnelzug feststecken

Schritt 8:

Wende deinen Beutel dann, so dass die rechte Seite außen ist. Wenn möglich entferne den vorderen Teil des Nähtisches deiner Nähmaschine und zieh den Brotbeutel über den Freiarm. Nähe 2 cm vom oberen Rand entfernt mit einem Gradstich den Tunnelzug. Beginne dort wo du zu Anfang die Markierung gesetzt hast und die Seitnaht aufhört. Verriegle am Anfang und Ende deine Naht gut.

Verriegelte Naht

Schritt 9:

Befestige dann ein Ende deiner Kordel an einer Sicherheitsnadel, die schmal genug ist, dass sie durch deinen Tunnelzug passt und ziehe damit deine Kordel durch. An den Nähten brauchst du etwas Fingerspitzengefühl, damit deine Sicherheitsnadel nicht in der umgebügelten Nahtzugabe stecken bleibt.

Kordel mit Sicherheitsnadel in den Tunnelzug einfädeln
Kordel wird in Tunnelzug eingezogen

Et Voilà!
Dein Brotbeutel ist fertig und du hast wieder ein kleinen Schritt zum Zero-Waste-Haushalt gemacht! Vielleicht treffe ich ja jetzt endlich mal jemand mit Brotbeutel beim Bäcker :).