Auch Menschen, die nicht regelmäßig bluten, dürfen hier weiterlesen. Je mehr Menschen sich mit nachhaltigen Menstruationsprodukten auskennen, desto besser! Falls Du lieber nur den Link an eine Freundin weitergeben willst, auch gut. Und jetzt: ein Witz.

Steht eine Frau auf der Straße und ruft „Menstruation! Menstruation! Menstruation!“. Kommt eine andere vorbei und sagt: „Entschuldigung, aber meinen Sie vielleicht ‚Revolution‘?“ Darauf die erste: „Ist mir doch egal! Hauptsache, es fließt Blut!“

Letztlich ist die Monatsblutung ein ganz gewöhnlicher körperlicher Vorgang, der nicht peinlicher sein sollte als ein Schnupfen. Es sind übrigens im Normalfall nur ungefähr 60 ml, aber was ist schon normal? Jede Frau empfindet die Periode verschieden. Das reicht von körperlichen Dingen wie Regelschmerzen über hormonell induzierte Gefühlszustände wie PMS bis zu individuellen Schamgefühle und gesellschaftlichen Tabus, die die vermeintliche Unreinheit der Regelblutung betreffen. Dazu kommt noch, dass sich die Lebensumstände und auch der Körper selbst verändern.

MYLILY – Hamburger Startup für Organic Femcare

Ich habe darüber mit Juliane Beyerle vom Hamburger Startup MYLILY gesprochen. Eigentlich sollten es nur ein paar Fragen zu nachhaltigen Periodenprodukten werden, aber es ging dann auch um Frau-Sein im Allgemeinen und in allen Lebensphasen. Denn das beginnt mit der ersten Periode und hört mit der Menopause noch nicht auf. MYLILY will hier Aufklärung und Empowerment fördern und hat zum Beispiel ein „First Period Kit“ im Angebot, das Mädchen und deren Eltern bei einem guten Start in die Menstruationsphase helfen soll.

Juliane hat mir erzählt, dass in Deutschland keine Deklarationspflicht für Menstruationsprodukte besteht. Ein Hersteller muss also nicht angeben, welche Substanzen er in seinen Tampons und Binden verwendet. So haben herkömmliche Tampons meistens einen Plastikanteil in der äußersten Schicht, der das Einführen erleichtert. Auf solche Dinge verzichtet MYLILY, ganz im Sinne der namensgebenden Lilie, die ein Symbol der Reinheit (und der Vulva) ist. Eine gute Sache, weil Menstruationsprodukte in extrem engen Kontakt mit empfindlichen Teilen unseres Körpers treten. Die Produktion für MYLILY erfolgt fast ausschließlich in Deutschland, nur die schicke Periodenunterwäsche wird in einem Frauenhaus in Barcelona genäht. Kaufen kann frau die Sachen in einigen Geschäften in Hamburg, oder über die Website. Dort gibt es auch eine Liste der Läden, die MYLILY-Produkte führen.

Ein Plastiktäschchen mit Binden, Tampons und Slipeinlagen
Ein Täschchen, das aus der Not helfen kann – aber leider alles zum Wegschmeißen.

Was kostet Menstruation?

Ungefähr 26% der Weltbevölkerung müssen regelmäßig möglichst effizient ihr Blut auffangen und entsorgen. Dafür steht eine große Auswahl an Produkten zur Verfügung. Es ist erstaunlich, aber bis letztes Jahr (ja, das war 2020) lag in Deutschland die Mehrwertsteuer für diese Produkte beim Regelsatz von 19% und nicht etwa beim geminderten Satz von 7% für Grundbedarf. Das wurde durch eine Petition inzwischen angepasst, ist aber ein schönes Beispiel dafür, was passiert wenn überwiegend Männer die Gesetze machen. Einige Hersteller von Periodenprodukten haben kurz nach der Mehrwertsteuersenkung ihre Preise angehoben – allerdings nicht alle. (Übrigens werden vegane Milchersatzprodukte auch mit 19% besteuert, während Kuhmilch mit 7% besteuert wird; aber das hier nur am Rande, falls jemand noch ein Thema für eine Petition sucht.)

Eine amerikanische Online-Zeitung hat ausgerechnet, dass eine Frau im Laufe ihres Lebens umgerechnet über 20 000€ für Periodenprodukte ausgibt. Gut, die Rechnung ist eher eine Abschätzung und bezieht auch Dinge wie Schokoriegel bei Heißhungerattacken mit ein, aber auch wenn man das berücksichtigt, geben wir eine Menge Geld dafür aus, dass wir auch an den Tagen normal funktionieren können. Es lohnt sich, darüber nachzudenken, wohin dieses Geld geht, und was wir unserer Umwelt damit Gutes oder weniger Gutes tun können.

Wir sollten dabei nicht vergessen, dass weite Teile der weiblichen Menschheit gar keine Periodenprodukte zur Verfügung haben und für die Zeit ihrer Blutung vom gesellschaftlichen Leben, wie z.B. dem Schulbesuch, ausgeschlossen sind. Das gilt überwiegend in Ländern des globalen Südens, aber auch bei uns können die Kosten für Menstruationsprodukte Menschen mit wenig Geld belasten. In Hamburg haben SPD und Grüne in der Bezirksversammlung Eimsbüttel eine Initiative zur Bekämpfung der Periodenarmut gestartet: In verschiedenen öffentlichen Gebäuden sollen Periodenprodukte kostenfrei zugänglich gemacht werden. Hierbei soll eine möglichst große Bandbreite von Produkten vertreten sein.

Nachhaltige Menstruationsprodukte: Die Optionen

Binden, Tampons und Slipeinlagen sind allgemein bekannt. Welche anderen, besseren Möglichkeiten gibt es?

Am besten, weil völlig ohne Equipment: das „Free Bleeding“, bei dem frau spürt, wenn das Blut fließen will, und sich dann ganz normal zur Toilette begibt, um das Blut dort abzugeben. Davon hatte ich zugegebenermaßen vor der Recherche zu diesem Beitrag noch nie gehört; es ist sicher das Nachhaltigste, aber ich werde es vorläufig eher nicht ausprobieren.

Der allererste Schritt zu mehr Nachhaltigkeit in der Menstruation ist, Bioprodukte zu kaufen. Der Vorteil ist, dass sie weniger Schadstoffe enthalten und der Anbau der Baumwolle die Umwelt weniger belastet. Es handelt sich aber immer noch um Wegwerfprodukte. Das Handling kann durch eine andere Oberflächenstruktur (ohne Plastik, siehe oben) anfangs etwas ungewohnt sein.

Perioden-Hipster in rot
Fällt nicht auf, dass es ein Perioden-Hipster ist! Bild von MYLILY.

Bluten ohne Müll

Will frau es vermeiden, mehrmals täglich den Mülleimer zu füttern, kann sie es machen wir unsere Großmütter: mit waschbaren Binden. Die sehen heute sehr hübsch aus, sind aus Bio-Baumwolle und in verschiedenen Größen mit und ohne Flügel erhältlich. Ihr könnt sie auch selber nähen. Wenn die Binde „voll“ ist, wäscht man sie am besten kalt aus und gibt sie dann ganz normal in die Waschmaschine, je nach Modell bei 40 – 60 °C. Da eine benutzte Binde nicht im Müll zurückbleibt, wenn man unterwegs ist, muss eine Transportlösung her; das funktioniert ganz gut mit einer Plastiktüte oder Dose. Manche Hersteller bieten auch spezielle Täschchen an. Großer Vorteil ist, dass Stoffbinden als Ergänzung zu fast allen anderen Produkten verwendet werden können. Durch regelmäßiges Tragen passen die Binden sich dem Körper der Trägerin zudem immer besser an. Stoffbinden können mehrere Jahre lang getragen werden; der höhere Preis amortisiert sich also relativ schnell.

Ein anderer Ansatz ist die Periodenunterwäsche. Nein, das ist nicht der schon etwas ältere Schlüpfer, der nur zum Einsatz kommt, wenn die Gefahr von Flecken besteht. Periodenunterwäsche sind saugfähige Unterhosen, die selbst das Blut aufnehmen. Wer jetzt an voluminöse Teile denkt, wie Oma sie trug, irrt sich – es gibt eigentlich alle modernen Schnitte, sogar mit Spitze. Die Aufnahmefähigkeit ist größer als bei Binden und nichts kann verrutschen. Dadurch, dass die aufnahmefähige Einlage in den Slip integriert ist, sitzt sie besser und auch der Abschluss zu den Beinen hin ist dicht. Natürlich muss auch Periodenunterwäsche nach einmaliger Benutzung in die Waschmaschine.

Die neue Innerlichkeit: Schwämmchen und Menstruationstasse

Wenn frau nach einer Lösung sucht, bei der das Blut im Körper aufgefangen wird, gibt es zwei grundlegende Varianten: Aufsaugen oder Auffangen. Tampons saugen das Blut auf, was an schwächeren Tagen unangenehm sein kann, wenn nicht mehr so viel zum Saugen da ist und der Tampon deshalb nicht gleitfähig wird. Anders funktionieren Menstruationstassen, kleine Becher, die das Blut aufsammeln und nach dem Entnehmen entleert werden. Für die Saugtechnik gibt es als natürliche Alternative die Levantiner Schwämmchen. Das sind kleine Schwämme, die im Mittelmeer wachsen. Ein echtes Naturprodukt, das Frauen auch schon lange vor Baumwolltampons verwendet haben. Die Schwämmchen funktionieren wie Soft-Tampons und haben auch deren unauffällige Trageeigenschaften, sogar Sex mit eingesetztem Schwämmchen ist möglich. Ein Schwamm hält je nach Häufigkeit der Benutzung mehrere Monate bis zu einem Jahr. Zur Reinigung legt man ihn in Essigwasser oder wäscht ihn im Wollwaschgang mit.

My cup of tea: Menstruationstasse

Auch wenn sie seit relativ kurzer Zeit viel im Gespräch ist: Eine neue Erfindung ist die Menstruationstasse nicht. Sie wurde erstmals in den 1930er Jahren zum Patent angemeldet. Es handelt sich um einen kleinen Becher, meist aus medizinischem Silikon, der gefaltet in die Scheide eingeführt wird. Dort entfaltet er sich, sitzt dann mit Unterdruck am Muttermund und fängt das Blut auf. Das klingt erstmal nicht ganz so einfach, und tatsächlich sucht frau sich besser einen ruhigen Tag aus, um die Tasse zum ersten Mal auszuprobieren. Zum Entfernen greift man die Tasse, löst vorsichtig den Unterdruck, indem man darauf drückt und zieht sie hinaus. Es hilft, mit dem Beckenboden ein bisschen zu schieben, dann kommt die Tasse weiter nach unten.

Viele Tassen haben einen Stiel oder Ring, mit etwas Übung kriegt man sie aber auch ganz gut ohne zu fassen. Ich habe beim ersten Mal eine Tasse mit Ring gekauft und den einfach abgeschnitten, als ich ihn nicht mehr brauchte, weil er beim Radfahren manchmal gedrückt hat. Wer eine Spirale oder Kupferkette zur Empfängnisverhütung trägt, muss beim Entfernen besonders vorsichtig sein: es ist schon vorgekommen, dass mit der Tasse auch die Spirale entfernt wurde… Generell ist es aber möglich, eine Menstruationstasse zu nutzen, wenn man eine Spirale trägt.

Hygiene ist wichtig. Vor dem Einführen sollte frau sich die Hände waschen, danach sowieso. Die Tasse wird nach dem Entleeren idealerweise einmal mit Seife abgewaschen, ehe sie wieder eingesetzt wird. Für „auf der Arbeit“ kann man auch mal nur mit Toilettenpapier auswischen oder, für in dieser Hinsicht Entspannte, drüberpinkeln – und dann abends zuhause ordentlich abseifen. Es hilft, dass die Tasse relativ viel Blut aufnehmen kann. An den schwächeren Tagen muss man sie tagsüber oft gar nicht leeren. Nach dem Zyklus kocht man die Tasse einmal in Essigwasser ab. Verfärbungen treten nach einer Weile auf, sind aber nicht schädlich.

Eine "Rubycup" - Menstruationstasse mit Beutel und Anleitung
Rubycup, frisch geliefert.

Passen muss die Tasse!

Falls ihr schon einmal eine Menstruationstasse ausprobiert habt und Schwierigkeiten hattet weil die Tasse „nicht passt“, kann ich nur empfehlen: Probiert ein anderes Modell! Es gibt verschiedene Produkte, und die Tassen können sich stark unterscheiden. Manche Firmen legen auch viel Wert auf soziale Aspekte. Ruby Cup etwa spendet für jede gekaufte Tasse eine weitere in Länder, in denen viele Frauen keinen Zugang zu Menstruationsprodukten haben.

Wichtig für den Sitz sind zum einen die Größe und zum anderen die Festigkeit oder Härte der Tasse. Größenangaben und Tipps zur Vermessung der eigenen Vagina gibt es oft auf der Website. Ebenso Hinweise, die helfen sollen, die passende Härte abzuschätzen. Das ist, abgesehen vom praktischen Aspekt, auch ganz interessant, weil frau dabei etwas über ihren Körper lernt. Grundsätzlich solltet ihr eine gewisse Zeit zum „Eintragen“ einplanen, ganz wie bei Schuhen. Die passen sich ja auch dem Fuß noch etwas an.

Welche Option für die Menstruation?

Ihr seht, es gibt viele Möglichkeiten, mit seiner Periode umzugehen. Letztlich kann frau nur ausprobieren, was für sie in ihrer Lebenssituation und im konkreten Monat gerade geht, und sich nach ihren Bedürfnissen richten. Es gibt dabei keinen Zwang, eine neue Lösung sofort und ausschließlich zu verwenden. Mit der Zeit wird sich wahrscheinlich eine Variante herauskristallisieren, die sich besonders gut bewährt. Und das Schöne daran: Auf der Reise zur perfekten Menstruation lernt frau ihren Körper immer besser kennen.

In diesem Sinne: Hoch die Tassen, und Schwamm drüber – der nächste Monat kommt bestimmt!