In Hamburg hat fast jeder Stadtteil ein Tauschhäuschen oder zumindest eine Tauschbox für Bücher. Seit 2020 gibt in Altona-Nord am Alsenplatz aber auch einen richtigen Tauschladen: Die TauschKliMOTTE.

Wer steckt hinter der TauschKliMOTTE?

Der Name „TauschKliMotte“ verrät schon viel über Ziele und Organisatoren. Der Tauschladen wurde als Nachbarschaftsprojekt von der Altonaer MOTTE und den Betreibern des Bremer Tauschladens, Sabine Starke-Wulff und Thomas Miksche, zu Zeiten des Corona Lockdowns ins Leben gerufen.

Die Start-Förderung erfolgte durch das Bundesumweltministerium. Mit dem Förderprogramm „Kurze Wege für den Klimaschutz“ werden Projekte gefördert, die Nachbarn im Viertel zu klimafreundlichem Alltagshandeln animieren. Da auf dem Gelände der Motte in Ottensen kein Platz für einen Tauschladen mehr vorhanden war, wurde die TauschKliMOTTE ausgelagert in Räumlichkeiten in der Missundestraße 50. Hier soll jetzt durch den Tauschhandel die Umwelt weniger belastet und Ressourcen eingespart werden.

Tauschkisten
Sabine Starke-Wulff an den Boxen mit der Kinderkleidung

Wie funktioniert die TauschKliMOTTE?

In die TauschKliMOTTE darf man fast alles bringen, was man selbst nicht mehr benötigt, was aber zu schade zum Wegschmeißen ist. Mit Ausnahme von bewundernswerten Asketen, Minimalisten und Tiny-House-Bewohnern hat jeder Haushalt diese Dinge, die eigentlich schön oder praktisch sind, aber irgendwie nicht benutzt werden. Wir bilden da natürlich keine Ausnahme und deshalb habe ich die TauschKliMOTTE für euch getestet.

1. Account erstellen

Als erstes muss man sich bei Sharetopia anmelden. Das geht schnell und dann hat man einen Account, auf dem alle Tauschtransaktionen verwaltet werden. Besonders praktisch ist, dass man dort auch sehen kann, was gerade neu in den Tauschladen gebracht wurde.

2. Tauschgut in die TauschKliMOTTE bringen

Ich bin angemeldet und darf bei meinem ersten Besuch maximal fünf Teile zum Vertauschen mitbringen. Danach ist diese Beschränkung aufgehoben und ich kann bis zu 100 (!) Teile im Tauschladen einstellen. Je nachdem wie voll die TauschKliMOTTE ist, kann diese Zahl aber variieren.

Es gibt nur wenige Dinge, die in der TauschKliMotte unerwünscht sind. Natürlich sollte alles sauber und nicht kaputt sein. Schuhe, Bücher (außer mit Thema „Klimaschutz“), Stofftiere und sperrige Gegenstände, wie Möbel, werden aber zum Beispiel nicht angenommen.

Mitarbeitende der Tauschklimotte

Ich wähle drei Sachen, die ich nicht einfach in ein offenes Tauschhaus legen würde. Einen Grilldegen, drei Vorspeisenlöffel aus Porzellan und eine Parmesanreibe. Der Grilldegen ist zwar lustig, aber auch gefährlich spitz. Die Vorspeisenlöffel gehen kaputt, wenn sie beim Wühlen im Tauschhaus runterfallen. Bei der Parmesanreibe erkennt man von außen leider überhaupt nicht, wozu das Gerät gut sein könnte, weshalb die Parmesanreibe in der TauschKliMotte auch besser aufgehoben ist, als in einem Tauschhaus.

Die Vorspeisenlöffel nehme ich auch deshalb mit, weil ich sicher bin, dass die tatsächlich niemand braucht.

Tauschware

3. Das Tauschgut einbuchen

Mit meinen aussortierten Gerätschaften bin ich dann einfach in der TauschKliMOTTE vorstellig geworden. Das kann man so machen, dann füllt man ganz analog einen Zettel aus, lässt die Sachen da und die netten, meist ehrenamtlichen Mitarbeitenden buchen sie dann für einen ein. Viel praktischer für die TauschKliMOTTE ist es aber, wenn man das Tauschgut selber eben fotografiert und mit kurzer Beschreibung einstellt. Das funktioniert ähnlich wie auf Ebay, ist aber weniger kompliziert und geht dementsprechend schnell. Beim Einstellen kann ich auch gleich angeben, ob ich meine Sachen nach drei Monaten wieder abholen möchte, wenn sie nicht getauscht wurden oder ob ich sie spenden möchte.

Analoger Tauschzettel

Das Schwierigste für mich war einzuschätzen, wie viele „Fairsharies“ meine Sachen wert sind. Fairsharies sind die Währung in der TauschKliMOTTE. Das ist praktisch, damit man unter vielen Menschen und nicht immer nur gegen ein gleichwertiges Objekt tauschen kann. Die ertauschten Fairsharies werden mir auf meinem Online-Konto gutgeschrieben. Bei meinen ersten Tauschversuchen schlägt mir Sabine, die die TauschKliMOTTE leitet, einfach einen Preis vor. Ich willige auch sofort ein, weil ich keine Fairsharie-Millionärin werden möchte, sondern mein Hauptanliegen ist, dass die Sachen nicht mehr ungenutzt beim mir herumliegen, sondern sich jemand anders darüber freuen kann und sie nicht neu zu kaufen braucht.

Meine Sachen bekommen dann einen Aufkleber mit der Bezeichnung und wie viele Fairsharies sie kosten und wandern dann ins Regal.

Parmesanreibe rot

4. Abwarten & erste Fairsharies ausgeben

Damit man auch gleich ins Tauschen kommt, bekommt man für die Anmeldung bei Sharetopia drei, für das Bringen der ersten Tauschware fünf und weil wir im Rahmen der Hamburger Klimaschutz-Rallye bei Luicella’s Ice Cream waren weitere fünf Fairsharies. Bei unserem ersten Besuch können wir also gleich aus dem vollem Schöpfen und 13 Fairsharies auf dem Kopf hauen. Meine Tochter findet auch gleich zwei DVDs die sie gerne mitnehmen möchte. Ich bin einverstanden, weil man die später wieder vertauschen kann.

Ertauschte DVDs

Jetzt heißt es warten. Im Online-Konto kann ich jederzeit sehen, welche Artikel von mir eingestellt sind und welche schon vertauscht sind. Nach zwei Wochen hat jemand die Parmesanreibe ertauscht. Ich freue mich wirklich, dass ich sie nicht weggeschmissen habe! Nach sechs Wochen ist jemand bereit mit dem Grilldegen zu neuen Abenteuern aufzubrechen. Ich fühle mich bestätigt, dass die komischen Löffel niemand braucht, aber im Herbst fängt offenbar die Dinnerparty-Saison an und so finden nach zehn Wochen auch die Vorspeisen-Löffel ein neues zu Hause.

Tauschhaus Ottensen
Normale Tauschhäuschen sind schnell zerwühlt

One (wo)man’s trash is another (wo)man’s treasure

Weil ich niemand bin, die gerne wartet, war ich in der Zwischenzeit natürlich noch mehrmals in der TauschKliMOTTE und haben Kleidung, Schmuck und aber auch angefangenes Garn für die Overlock-Nähmaschine hingebracht. Das Garn war ein Fehlkauf, weil es die falsche Stärke war, war aber schon angefangen. Jetzt lag es ewig bei mir rum. Es hätte sich aber überhaupt nicht gelohnt, es bei Ebay einzustellen. In der TauschKliMOTTE ist es sofort weggegangen und das hat mich besonders fröhlich gemacht, weil ich es mag, wenn Sachen aufgebraucht werden. Sabine hat mir auch gleich erzählt, dass gerade nach Weihnachten viel bereits geöffnetes Parfum vorbeigebracht wird. Mit dem wurde dann einmal gespritzt, nur um festzustellen, dass es doch nicht ganz der richtige Duft ist.
Aber auch ungeöffnete Kosmetik- und Pflegeartikel werden vertauscht. Ich mache mir das zu Nutze und nehme gleich zwei Elmex Junior für die Kinder mit.

Kosmetik

Lebensmittelrettung und Marmeladenliebe

Etwas überraschend fand ich, dass die TauschKliMOTTE auch einen Kühlschrank zum Tauschen von Lebensmitteln hat. Mir erscheint das super praktisch, um vor dem Urlaub das Essen abzugeben, das man nicht mehr verbrauchen konnte. Aber Sabine erzählt mir auch, dass die selbstgemachte Marmelade, die eine Nachbarin gerne vorbeibringt, ratzfatz weggeht.

Nachbarschaftshilfe

Sowieso können über die TauschKliMOTTE auch Dienstleistungen vertauscht werden. Das leuchtet mir sofort ein, wenn ich sehe, wie oft in der Stadtteilgruppe auf Facebook Umzugshilfe oder ähnliches gesucht werden. Gerade Nachbarschaftshilfe, wie Haustierbetreuung, Hilfe im Garten, Babysitting, IT-Assistenz oder Vorlesen, kann darüber hervorragend gefunden werden.

DIY Set Korbflechten
Auch selbsterstellte DIY-Sets kann man ertauschen

Mitglied werden

Eine Test-Mitgliedschaft für 30 Tage ist kostenlos. Wenn einen dann das Tauschfieber gepackt hat, kann man für 5 Euro im Monat eine Fördermitgliedschaft abschließen. Über diese Beiträge finanzieren sich die Kosten für Miete und Strom. Leider trägt sich die TauschKliMOTTE noch nicht aus eigener Kraft, aber die Betreiber bemühen sich ständig um weitere Fördermittel.

Doppelt sparen!

Wir sind begeistert von dem Einsparpotential des Projektes. Wie der Name sagt, sollte vornehmlich das Klima durch das Vermeiden von Neukäufen geschützt werden. So wird mir in meinem Profil auch angezeigt, wieviel CO2 ich schon durch mein Tauschtreiben eingespart habe. Die Betreiber der TauschKliMOTTE haben errechnet, dass bei jedem Tausch im Schnitt 8 kg CO2 eingespart werden. So wird beim Tausch eines Notebooks ein Vielfaches eingespart und bei einem getauschten T-Shirt zum Beispiel etwas weniger. Ganz präzise sind diese Zahlen natürlich nie, weil sie von vielen Variablen abhängen, aber trotzdem ist es ein toller Tauschanreiz.

Sharetopia
Mein Sharetopis-Account zeigt mir meine Einsparungen

Momentan fallen die monetären Einsparmöglichkeiten aber auf Grund der Energiekrise und der steigenden Inflation ebenso ins Gewicht. Da viele Verbraucher sparen müssen, wo sie nur können, ist die TauschKliMOTTE eine tolle Möglichkeit, die Haushaltskasse zu schonen.

Nachbarschaften nutzen

Nicht nur aus diesen Gründen ist in der TauschKliMOTTE immer reger Betrieb. Viele Nachbarn kommen oft auch einfach auf einen lütten Klönschnack vorbei. Dafür hat die TauschKliMOTTE extra Stühle vor ihrer Tür stehen und auch einen Klöntisch mit Kaffee und Keksen. Es ist der TauschKliMOTTE wichtig, nicht nur ein Laden zu sein, sondern auch ein Ort für Vernetzung. Viele Nachbarn stehen auch mit viel Herzblut hinter dem Projekt und engagieren sich ehrenamtlich. Die TauschKliMOTTE sucht natürlich neue Tauschwillige, aber auch weitere Mitarbeitende, die mit 12 Fairsharies pro Stunde entlohnt werden. Ein besonderer Herzenswunsch von Sabine wären noch viel mehr Tauschläden – am besten einer in jedem Stadtteil!

Tauschklimotte

Wenn du jetzt Lust bekommen hast, auch in den Tauschhandel einzusteigen, dann check deine Wohnung auf Tauschware, melde dich bei Sharetopia an und mach dich auf nach Altona zur TauschKliMOTTE!